Der Stupa ist ein zentrales Symbol des Buddhismus. Er erinnert an die Möglichkeit aller Wesen, Buddhaschaft zu erfahren. Damit ist ein Geisteszustand gemeint, der dazu befähigt, furchtlos im Augenblick zu ruhen und gleichzeitig sein Leben zum Besten anderer Wesen einzusetzen. Seit 2500 Jahren werden diese faszinierenden buddhistischen Kunstbauten in Asien errichtet und zählen somit wohl zu den ältesten architektonischen Formen der Welt. Die Entstehung der verschiedenen Stupa-Typen ist eng mit der Entwicklung und Verbreitung des Buddhismus verknüpft.
Die Tradition des Theravāda (Südlicher Buddhismus) betont den Stupa als Aufbewahrungsbehälter für die Reliquien des historischen Buddha Shakyamuni. Die Mahāyāna-Schulen (Großer Weg) fügen Darstellungen des Buddha bzw. der Bodhisattvas hinzu und verstehen den Stupa als Spiegel für die Natur des eigenen Geistes. Meister des Vajrayāna (Diamantweg) betonen darüber hinaus die Bedeutung der einzelnen Elemente, der Proportionen und die tiefe, vielschichtige Symbolik. Obwohl jede buddhistische Tradition andere Methoden, Formen und Erklärungen in den Vordergrund stellt, ist der Stupa für alle ein gültiges Symbol der Erleuchtung, das durch die Ansammlung von Verdienst zur Ursache für Glück und Frieden in der Welt wird.
Indische Stupas
Der Ursprung dieser beeindruckenden Bauwerke liegt regional im Großraum Indien, wo es sie bereits in vorbuddhistischer Zeit gab. Damals waren sie Grabmonumente für Universalherrscher und Großkönige (cacravartin) des indischen Altertums und haben sich wohl vor allem aus einfachen Grabhügeln entwickelt.
Legenden
Nach alten buddhistischen Schriften (Mahaparinirvanasutra) hat Buddha selbst angeordnet, dass sein Schüler Ananda einen Stupa für seine sterblichen Überreste bauen soll. Somit hat Buddha einen bereits bestehenden Brauch übernommen, hat dem Stupa aber eine grundlegend neue Bedeutung gegeben, nämlich die Basis für Geschenke zu sein (Sutra des Abhängigen Entstehens). Hier sind Geschenke gemeint, die die Praktizierenden indirekt dem Buddha machen, denn der Stupa symbolisiert unter anderem den Geist des Buddha. So können gute Eindrücke angesammelt werden, was zu letztendlichem Glück, also zur Erleuchtung führt. (Der Stupa heißt auf Tibetisch chörten, was wörtlich übersetzt heißt: "Basis für Geschenke", siehe Buddhismus Heute Nr. 45, S. 42)
Als Buddha schließlich ca. 478 v. Chr. starb und in einen Zustand jenseits der bedingten Welt zurückkehrte, begannen seine Schüler zunächst miteinander zu streiten. Jeder Vertreter der damaligen Königreiche wollte die sterblichen Überreste des Buddha mit nach Hause nehmen. Schließlich einigte man sich und die begehrte Reliquie wurde auf alle acht Königreiche verteilt, die dafür jeweils einen Stupa bauten. Diese Reliquien sind der Legende nach (Mahavamsa: Chronik der Theravadatradition) von dem Maurya-Kaiser Aśoka (Regierungszeit ca. 265-239 v. Chr.) auf unzählige Stupas in seinem Großreich Indien verteilt worden. Insgesamt soll Aśoka 84.000 Stupas erbaut haben. Diese Zahl darf man nicht allzu wörtlich verstehen, es zeigt aber, dass Aśoka als bedeutender Förderer des Buddhismus unglaublich viele Stupas errichtet hatte.
Historisch
Die ersten acht buddhistischen Stupas für die Reliquien des Buddha sind von den Archäologen und Indologen noch nicht identifiziert worden. Für die Stupas des Aśoka gibt es hingegen etliche Belege, obwohl die Forschung noch lange nicht abgeschlossen ist. Die chinesischen Pilger Fa-hsien und Hsüan-tsang, die Anfang des 5. bzw. in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts Indien bereisten, erzählen in ihren Reiseberichten davon, im Großraum Indien Stupas bzw. deren Ruinen aus der Aśoka-Zeit gesehen zu haben. Da Stupas selten einfach abgetragen wurden, sondern oft im Umfang bzw. in ihrer Ausschmückung erweitert wurden, kann man davon ausgehen, dass viele indische Stupas im Kern auf Aśoka zurückgehen. Die so genannten "Edikte des Aśoka", die im ganzen Reich als Inschriften an frei stehenden Säulen, an Felsen und Wänden von Höhlen angebracht wurden, werden u.a. als Beweis verwendet, um unidentifizierte Stupas zumindest im Kern dem Aśoka zuzuschreiben.
Zentralindien
Die ältesten zum Teil erhaltenen Stupas, deren Baugeschichte mit Aśoka in Zusammenhang gebracht werden, befinden sich in Sanchi und Bharhut, Indien, sowie in Patan, Nepal. Der Stupa in Sanchi hat einen Durchmesser von 36 Metern und ist 15 Meter hoch. Sein kleinerer Vorgängerbau soll direkt auf Aśoka zurückgehen (3. Jh v. Chr.). Dieses Bauwerk gilt als der Idealtypus des frühen buddhistischen Stupas.
Der alte indische Stupa besteht aus folgenden Bauteilen:
- ein- oder mehrstufige, meist runde Basis (medhī)
- große Halbkugel (anda)
- darauf ein kleiner quadratischer Aufbau (harmikā), umgeben von einem Zaun.
- Im Zentrum des Bauwerkes befindet sich ein Mast (yasti), der tief in der Kuppel oder noch tiefer im Boden, verankert ist. Er bildet zusammen mit den Ehrenschirmen die schlanke, konische Spitze.
- Die Spitze wird bekrönt mit einer Vase (kalasa) oder einem Kleinod (mani).
- Der Stupa ist oft mit einer Art Zaun (vedikā) umgeben, der ursprünglich aus Holz, später in Stein gefertigt wurde. Oftmals ist dieser Zaun mit unzähligen Reliefs verziert, die zum Beispiel die Lebensgeschichte des Buddha darstellen. Die Tore (toranas) in den vier Himmelsrichtungen können ebenfalls reich geschmückt sein.
In vielen der alten indischen Stupas sind Reliquienbehälter gefunden worden, die meist entlang der Mittelachse angeordnet waren. Es wird angenommen, dass diese Monumente ursprünglich weiß verputzt oder farbig bemalt waren. Sie waren wohl teilweise auch mit Stuck-Ornamentik verziert.
Diese archaische Bauform gilt historisch als der Ausgangspunkt aller Stupas weltweit! Die Stupas entwickelten sich in den unterschiedlichen Regionen Asiens sehr vielfältig.
Die Stupas der Höhlentempel im Westen Indiens
Die nächste Entwicklungsstufe innerhalb der Baugeschichte des Stupas erfolgte vom 2. - 1. Jh. v. Chr. in den Höhlentempeln im Westen Indiens (zum Beispiel Bedsā, Bhāhjā). Der bis dahin gedrungene Stupakörper erfuhr eine Vertikalstreckung, indem seine Basis erhöht wurde. Die Kuppel ruhte nun auf einem zylinderförmigen Bauteil, wodurch sich ihre Proportion im Vergleich zur Basis verkleinerte. Ein sehr frühes Beispiel für diese Höhlentempel-Architektur ist der Klosterkomplex in Bhāhjā mit der für diese Tempel typischen Caitya-Halle, einer großen Halle mit einem zentralen Stupa, der ins 2. Jahrhundert v. Chr. datiert wird. Diese Form der in den Fels gehauenen Tempelarchitektur wurde bis ins 7. Jh. gebaut. In Ajantā findet man in Höhle Nr. 26 einen beeindruckenden Mahāyāna-Felsstupa mit der Darstellung des sitzenden Buddha aus dem 5. Jahrhundert n. Chr.
Die Vertikalstreckung des Stupakörpers wurde in Gandhāra weiterentwickelt.
Die Stupas der Gandhara Region
Der Buddhismus gelangte wohl zur Zeit Aśokas nach Gandhāra, das Gebiet des heutigen Pakistan und Afghanistan. Die beiden vorhin erwähnten chinesischen Pilger (Hsüan-tsang und Fa-hsien) berichteten von etlichen Aśoka-Stupas, von denen einige erst in jüngster Zeit von Archäologen identifiziert wurden (zum Beispiel Bhallar Tope nördlich von Taxila).
Gandhāra war ein bedeutendes Kunstzentrum, hier verschmolzen künstlerische Einflüsse aus indischen, hellenistisch-römischen und persischen Elementen zu einer einzigartigen Mischform, die man an den neu entstandenen Terrassen-Stupas erkennen kann.
Der kreisrunde Stupa wurde nun auf einen quadratischen Sockel gestellt, der bald mehrstufig ausgebaut wird und an dem seitlich vier Treppen empor führen (zum Beispiel Top-i-Rustam in Balkh, Rawak-Stupa bei Khotan).
Der neue quadratische Stupasockel ist mit Pilastern, Arkaden und Nischen versehen, was als Einfluss hellenistischer Stilelemente beschrieben wird. Die so entstandenen Nischenreihen boten Platz für Abbildungen des Buddha. Somit wurde eine neue Strömung innerhalb des Buddhismus bzw. der buddhistischen Kunst auch auf den Stupabau angewandt. Das Buddhabild wurde nämlich zu eben jener Zeit im Zuge der Etablierung das Mahāyāna-Buddhismus in den beiden kulturellen Zentren des Landes Gandhāra und Mathurā (Uttar Pradesch) erstmalig öffentlich bekannt.
Eine weitere Neuerung war der so genannte Turm Stupa, der eine bedeutende Rolle für die Entwicklung der Pagoden Ostasiens spielte. In dem noch erhaltenen Kanishka Turm-Stupa bei Peshewar, der laut Reiseberichten von chinesischen Pilgern mit hölzernen Fenstern, Nischen und einem Kupfermast mit 13 Ringen bestückt war, kann man den Ausgangspunkt für die Entstehung der chinesischen Pagoden erkennen.
In Gandhāra findet man auch schöne Beispiele dafür, dass der Stupa meist ein fixer Bestandteil eines Klostekomplexes war (Takht-i-Bahi).
Die Stupas im Osten Indiens
Im Osten Indiens wurden die Stupas weiterhin nach altem Vorbild gebaut. Bekannte Beispiele sind Amāravatī (3. Jh. v. Chr.) und Nāgārjunakonda (der Große Stupa des Klosters Aparamahāvinaseliya stammte wohl aus der Zeit Nāgārjunas), von denen leider nur der Grundriss und die Reliefplatten erhalten sind. Im 3. und 4. Jahrhundert wurde hier ein zentrales buddhistisches Symbol, das Dharma-Rad, als Grundriss für Stupas verwendet.
Indische Stupas im 5. - 7. Jahrhundert
Die beiden Kunstzentren der Kushān-Zeit - Gandhāra und Mathurā - spielten eine sehr wichtige Rolle für die Ausprägung des nun folgenden Kunststiles der Gupta-Epoche (ca. 321-550 n. Chr.).
Ende des 3. Jahrhunderts flaute die Macht der Kushāns ab, Nordund Zentralindien gelangten ab Anfang des 4. Jahrhundert unter Gupta-Herrschaft. Bedeutende historische Stellen, wie zum Beispiel Bodhgaya (Bihar), wo Buddha vor 2550 Jahren Erleuchtung erlangte, wurden restauriert und wiederbelebt. Sārnāth, bei Varanasī, wo Buddha erstmals Belehrungen gab, wurde zu einem bedeutenden Studier- und Kunst-Zentrum. Der bedeutende Dhamekh Stupa, der diese Stelle markiert, wird von den Archäologen ins 6. Jahrhundert datiert.
Im Mahāyānabuddhismus wurden die Klöster oft in Form eines Mandalas (Kraftkreis) angelegt, wobei ein Stupa im Mittelpunkt stehen kann, die Eckpunkte der Anlage können ebenfalls mit Stupas markiert sein. Cook (1997) nennt als Beispiel die Universitätsstadt Nālandā bei Rājgir (Bihar). Es wird gesagt, dass sowohl Buddha Shakyamuni als auch Kaiser Aśoka diese Stelle persönlich besucht hätten. Das bedeutendste Gebäude innerhalb der gesamten Anlage von Nālandā ist der Stupa bzw. Tempel Nr. 3, heute ein monumentaler Bau bestehend aus einem großen zentralen Hügel und vier kleineren turmähnlichen Anbauten an den Ecken. Ursprünglich stand hier ein kleiner Stupa (Grundriss 137x137 cm; Höhe 173 cm), der in etlichen Phasen erweitert und umgebaut wurde. Von dem ursprünglichen, kleinen Stupa wird vermutet, er sei von Kaiser Aśoka über dem noch älteren Stupa des Shariputra gebaut worden, einer der beiden engsten Schüler des Buddha.
Die Stupas ausserhalb Indiens
Verbreitung
Der Buddhismus hat sich im Laufe der Jahrhunderte von Indien aus über ganz Asien verbreitet und dort, wo der Buddhismus ankam, wurden auch nach und nach Stupas errichtet. Die Verbreitung erfolgte vor allem über die Handelsrouten, die entlang der Seidenstraße verliefen. Ausgehend von der sehr einfachen Grundform der alten indischen Stupas (eine runde Basis mit einer großen Halbkugel, darüber ein kleiner quadratischer Aufbau und eine schlanke konische Spitze) haben sich die unterschiedlichsten Bautypen entwickelt. In Sri Lanka und zum Teil in Nepal folgen die Stupas hauptsächlich der Formensprache der alten indischen Stupas (siehe Swayambhu und Bodhnath in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu). In Thailand und Myanmar (Burma) hingegen streckte sich der Stupa in die Höhe und die einzelnen Bauteile verschmolzen zu einer glockenähnlichen Form. In China, Korea und Japan verbreiteten sich unzählige Formen von Pagoden aus Holz oder Stein. Pagoden sind mehrstöckige Bauwerke von unglaublicher Schönheit. In China findet man eine weitere sehr beeindruckende Form, die so genannte Lamapagode; die wohl berühmteste ist die "Weiße Pagode" in Peking. Der tibetische Stupa (tib. cho rten), hat eine ganz besondere Form, die nach verschiedenen historischen Quellen unmittelbar auf den historischen Buddha Shakyamuni zurückgehen soll.
In Indien fand der klassische Stupa-Stil bis Mathura Verbreitung, südlich davon hielt sich die ursprünglich runde Form, besonders auf Sri Lanka. Dieser Typus verbreitete sich nach Thailand, Burma und Vietnam, wo er jeweils regionale Besonderheiten entwickelte.
Südostasien
Im 3. Jahrhundert n. Chr. breiteten sich die Lehren Buddhas nach Sri Lanka, Myanmar, Kambodscha, Laos, Vietnam und Indonesien aus. Bis ca. 1000 n. Chr. waren hier die verschiedensten buddhistischen Gruppen des frühen Indischen Buddhismus vertreten, u.a. auch Mahāyāna- und Vajrayāna-Schulen. Ab dem 15. Jahrhundert wandten sich die Herrscher und Könige der Theravada-Schule zu. Alle anderen Traditionen starben in Südostasien bis auf wenige Ausnahmen aus.
Sri Lanka (Ceylon)
Entsprechend der historischen Chronik Sri Lankas (Mahāvamsa) besuchte Buddha selbst dreimal Sri Lanka und legte u.a. den Grundstein für den Mahinyangana-Stupa. Ebenso soll der Kaiser Aśoka seinen Sohn Mahinda Thera im 3. Jahrhundert v. Chr. nach Sri Lanka entsandt haben, der dort den Buddhismus in Form der Theravada-Tradition bekannt machte. Obwohl Sri Lanka seit jeher eine Hochburg des Theravada ist, gab es auch hier eine Zeit, in der der Diamantweg praktiziert wurde. Im Umkreis der ceylonesischen Hauptstadt Anuradhapura wurden zur Zeit Mahindas bald die ersten Stupas errichtet. Die Stupas auf Sri Lanka heißen Dagobas. Der Thūpārāma-Dagoba wird in den Chroniken als der älteste Stupa Ceylons beschrieben, der Grundstein soll bereits 149 v. Chr. gelegt worden sein.
Die Formensprache der alten indischen Stupas ist weitgehend beibehalten worden. Die Dagobas in Sri Lanka bestehen meist aus:
- drei Terrassen - einer halbkugelförmiger Kuppel mit harmonisch ausgewogenen Proportionen
- einem quadratischen Aufbau
- einer Mittelachse
- einer Basis für die Turmspitze
- der Turmspitze und dem Turmaufsatz
Der moderne srilankische Stupa sitzt heute auf einem achteckigen Sockel, die Kuppel hat sich zu einer Glockenform verändert.
Myanmar/Burma
Etwa im 5. Jahrhundert n. Chr. gelangten die Lehren des Buddha nach Burma. Sie kamen von der Ostküste Indiens, wo sich so bedeutende Stellen wie Amarāvatī und Nāgārjunakonda befanden. In dieser frühen Phase war neben der Vielfalt an indischen buddhistischen Schulen auch der Mahāyāna-Buddhismus präsent. Einflüsse aus Südindien und Sri Lanka gaben der Architektur Burmas ihre spezielle Ausprägung. Das wohl bedeutendste Bauwerk Myanmars ist die Shwedagon-Pagode in Rangun. Ihr Name bedeutet die "Goldene heilige Haar-Reliquie", denn in ihrem Inneren soll ein Haar des Buddha aufbewahrt sein. Die Shwedagon-Pagode gehört zum klassisch-burmesischen Typus und ist mit ihrer Höhe von ca. 100 m und einem Umfang von ca. 450 m auch eine der größten Pagoden weltweit. Die Form weicht sehr vom altindischen Typus ab, die einzelnen Bauteile sind nicht mehr klar voneinander abgesetzt. Sie steigen fast gleichmäßig von der breiten Basis bis zur Spitze hin an.
Die einzelnen Elemente sind:
- quadratische und achteckige Terrasse
- Rundbandzone
- Glocke mit "umgestülpter Almosenschale"
- Profilleisten
- Lotusblütenornament
- Bananenknospe
- Hti aus vergoldetem Eisen
- Kegel
- Edelsteinbesetzte Wetterfahne
- Diamantkugel
In Burma findet sich jedoch eine Vielzahl von Stupa-Formen. Sehr bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die historische Königsstadt Pagan, in der zwischen ca. 1050 und 1287 eine große Zahl von Stupas unterschiedlichen Typs errichtet wurde. Heute zählt Pagan mit seinen 36 km2 zu den größten archäologischen Stätten Südostasiens.
Indonesien
Ab dem Ende des 7. Jahrhundert etablierte sich der Mahāyāna-Buddhismus in Indonesien. Eines der bedeutendsten buddhistischen Monumente der Welt ist wohl der Borobudur auf der Insel Java. Der Borobudur-Stupa wurde um 800 n. Chr. errichtet und ist in Form eines Mandalas angelegt. Jeder Teil dieser faszinierenden Stupa-Anlage hat tiefe symbolische Bedeutung.
Kambodscha und Laos
Bis zur Etablierung des Theravada-Buddhismus, der über Thailand im 14. Jahrhundert ins Land kam, war Kambodscha vor allem hinduistisch, es wurde aber auch Mahāyāna Buddhismus praktiziert. Die wohl bemerkenswerteste Tempelanlage Kambodschas ist Angkor Wat, der Sitz der Khmer Könige (ca. 9. - 15. Jahrhundert n. Chr.). Das vornehmlich hinduistisch geprägte Ensemble birgt auch einen buddhistischen Tempel der Mahāyāna-Tradition in sich. Der Khmer-König Jayavarman VII (reg. ca. 1181 - 1201) konvertierte zum Buddhismus und ließ Ende des 12. Jahrhunderts den buddhistischen Tempel Bayon in Ankor Thom erbauen. Der Bayon ist als Mandala angelegt, der zentrale Tempel bildet die Mitte, die von etlichen "Gesichter-Türmen" mit meterhohen Darstellungen des Buddha Liebevolle Augen (skt. Avalokiteshvara) umgeben ist. Zahlreiche kleine Steinschreine waren ursprünglich mit Darstellungen der Buddhas und Bodhisattvas ausgestattet.
Um 800 n. Chr. kam der Buddhismus nach Laos, dessen Wahrzeichen der goldenen Wat Pha That Luang ist. Der große Tempel in Form eines Stupas wurde im 16. Jahrhundert auf den Ruinen eines alten Khmer-Tempels erbaut.
Thailand
Es lässt sich nicht genau rekonstruieren, wann der Buddhismus erstmals nach Thailand (vormals Siam) kam. Eine Volkslegende beschreibt, wie Kaiser Aśoka im 3. Jahrhundert v. Chr. zwei Mönche nach Thailand sandte. Archäologische Ausgrabungen bestätigen eine rege buddhistische Bautätigkeit nicht vor dem 4. Jahrhundert n. Chr. Sicher ist, dass als der Theravada-Buddhismus im 13. Jahrhundert nach Thailand kam, bereits eine bunte Mischung aus Mahāyāna-Buddhismus, Brahmanismus und Naturreligionen vorherrschte.
Im Rahmen der hinduistischen Kultur hatte sich bereits der phra pang, ein religiöses Gebäude mit rechteckigem Grundriss, entwickelt. Es kam nun langsam zu einer Verschmelzung des hinduistischen phra pang mit dem klassischen Stupa-Typus, der über Sri Lanka nach Thailand importiert wurde. Es kam bezüglich der Bauform vor allem zu einer Dehnung der Teile in vertikaler Richtung. In weiterer Folge bildeten sich zwei charakteristische Stupa-Formen, hier Chedi genannt, heraus, die beide bis heute errichtet werden: der phra chedi klom mit rundem, bzw. sechseckigem Grundriss und der phra chedi liem mit quadratischem Grundriss.
Vietnam
Vietnam ist durch seine nahe Verbindung zu China mehr vom Mahāyāna-Buddhismus beeinflusst worden als der Rest Südostasiens. Es lässt sich schwer feststellen, wann der Buddhismus tatsächlich nach Vietnam kam. Tonkin in Nordvietnam lag an der Seidenstraße auf dem Handelsweg zwischen China und Indien und erblühte mit seinen Stupas, Klöstern und umherziehenden chinesischen und indischen Wandermönchen zum buddhistischen Zentrum des Landes. In Vietnam findet man wunderschöne Turm-Pagoden, wie zum Beispiel die 7-stöckige Chùa Thien Mu-Pagode in Hué.
Ostasien
China, Korea und Japan
Ab dem ersten Jahrhundert n. Chr. gelangten Buddhas Lehren nach Zentralasien, China, Korea und Japan. Zunächst nahmen nur einige wenige Adelige die neue Religion an und erst ab dem 4. Jahrhundert begannen sich Buddhas Lehren in der Form des Mahāyāna (vor allem als Ch'an, Son und Zen) in diesen Ländern zu verbreiten.
In China entwickelte sich eine besondere Bauform, die Pagode. Hier kam es zu einer Betonung der Mitte. Die einzelnen Bauteile erfuhren eine Längsstreckung, die Kuppel wurde hingegen verkleinert und verlor gestalterisch an Bedeutung. Es bildeten sich unterschiedliche Pagoden-Typen heraus. Die Stufenpagode zum Beispiel scheint eine Verschmelzung des aus Indien stammenden Stupa-Typs mit chinesischen Turmbauten zu sein. Die Entwicklung der Pagoden führte bis hin zu vierstöckigen, säulenartigen Pagoden, die vor allem in Japan in unzähligen Erscheinungsformen bis heute gebaut werden.
Eine der ältesten Stupa-Typen in China ist der Aśoka-Stupa (ayuwang ta). An ihm erkennt man noch deutlich die Spuren seiner indischen Herkunft. Es handelt sich dabei um einen verhältnismäßig kleinen Stupa, der mit dem tibetischen Stupa-Tsa-Tsa (Miniatur-Stupa) verwandt sein mag. Ein Beispiel für den Aśoka-Stupa ist die Reliquien-Holzpagode des Ayuwang-Klosters bei Ningbo.
Die chinesische Version des tibetischen Stupas sind die so genannten Lama-Pagoden. Ihre Erbauer waren in der Mehrzahl Mongolenkhane. In ihrem Erscheinungsbild orientieren sie sich im Wesentlichen an der Form des tibetischen Chörten, doch halten sich die Erbauer nicht an den strengen architektonischen Kanon, der in Tibet verbindlich blieb. Wie es scheint, war die Lama-Pagode niemals als Meditationshilfe gedacht und daher auch weniger als in Tibet mit Symbolgehalt behaftet. Verzierung und Farbe wurden zum dominierenden Element, das Innenleben, das in Tibet eine sehr wichtige Rolle spielt, wurde vernachlässigt. Die Weiße Pagode in Peking ist etwa 50 Meter hoch und ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt.
Die chinesischen Pagoden dienten Japan und Korea als Vorbild für ihre eigenen buddhistischen Bauwerke. In Korea ist das Formenrepertoire weniger vielfältig, es gibt zwei Haupttypen: die Steinpagode und die vielstöckige Holzpagode.
In Japan konzentrierte man sich auf die Weiterentwicklung der drei-, fünf,- sieben- und mehrstöckigen Holzpagode mit auskragenden Dächern und quadratischem Grundriss.
Ein sehr beliebter Typus ist die Tahoto-Pagode, die mit "Pagode der vielen Kostbarkeiten" übersetzt wird. Diese Sonderform besteht aus einem halbkugelförmigen Stupa-Korpus mit einem quadratischen, überdachten Schrein darunter und einem zweiten Dach darüber. Die Pagode des Tahoto-Typus wird mit der Geschichte des südindischen Eisenstupas in Verbindung gebracht, in dem der Mahāsiddha Nāgārjuna angeblich in die Geheimnisse der Diamantweg-Lehren eingeweiht wurde.
Soweit die Entwicklung der unterschiedlichen Stupa-Formen in Indien, Ost- und Südostasien. Die Stupas des Himalaya (Nepal, Tibet, Bhutan, Ladakh und Mongolei) und die Verbreitung der tibetischen Stupas in Europa werden in den kommenden Ausgaben behandelt.
Eva Preschern, Schülerin von Lama Ole Nydahl seit 1989; Mitarbeit bei internationalen Ausstellungsprojekten und am ITAS, Spanien; schreibt eben am PhD über "Kagyü Stupas in Europa" an der Canterbury University, U.K.